Die Ambivalenz der Tiefe – Faszination und Furcht vor dem weißen Jäger
Hallo liebe Kunstfreunde,
heute möchte ich euch mit auf eine Reise in die Tiefen des Ozeans nehmen und einen Einblick in die Entstehung meines neuesten Werks THALASSOPHOBIA geben – Teil meiner WILD SKETCHES Serie. Diesmal dreht sich alles um den weißen Hai, ein faszinierendes, aber oft missverstandenes Geschöpf.
Warum der weiße Hai?
Die Idee für THALASSOPHOBIA kam mir schnell, da Haie in unserer Wahrnehmung oft als "die Bösen" dargestellt werden. Die Popkultur hat uns ein bestimmtes Bild dieser majestätischen Raubfische vermittelt, das ihnen in vielerlei Hinsicht nicht gerecht wird. Der weiße Hai symbolisiert sowohl Gefahr als auch Faszination – und genau diese Ambivalenz wollte ich in diesem Werk einfangen. Gleichzeitig hatte ich einen persönlichen Anreiz: Einer meiner Brüder ist von Haien gleichermaßen fasziniert und verängstigt. THALASSOPHOBIA bringt genau diese Mischung aus Ehrfurcht und Bedrohung zum Ausdruck.
Der kreative Prozess
Zuerst hatte ich geplant, den Hai ähnlich wie bei meinem früheren Werk HIDDEN GLOW nur mit weißen Linien auf den tiefblauen Hintergrund zu setzen. Doch je mehr ich mich mit dem Motiv beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass das Bild zu leer wirken würde. Ich fügte die Wasseroberfläche und einige Lichtstrahlen hinzu, die ins Wasser eintauchten – doch plötzlich fühlte sich das Bild überladen an. Ich musste die Balance finden und entschied mich schließlich, den Hai schwarz auszumalen, um ihm mehr Präsenz zu verleihen.
Die Entscheidung, den Hai teilweise schwarz auszufüllen, verstärkte die Bedrohlichkeit des Bildes. Es wirkt nun so, als würde der Hai aus den Tiefen des Ozeans direkt auf den Betrachter zuschwimmen. Die skizzenhaften weißen Linien im Hintergrund sollen die Tiefe und Weite des Meeres andeuten, ohne den Fokus vom Hauptmotiv abzulenken. Mir war es wichtig, dem Betrachter die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, ob er in diesem Bild mehr die Gefahr oder die Schönheit des Hais sieht.
Fakten zum weißen Hai
Der weiße Hai ist eine der faszinierendsten Kreaturen unserer Ozeane. Mit einer Länge von bis zu 6 Metern gehört er zu den größten Raubfischen überhaupt. Besonders spannend finde ich seine Fähigkeit, elektrische Felder wahrzunehmen, mit denen er die Bewegungen von Beutetieren sogar in völliger Dunkelheit spüren kann. Sein Geruchssinn ist ebenfalls beeindruckend: Haie können Blut in einer Verdünnung von eins zu einer Million im Wasser riechen. Ehrlich gesagt habe ich kein Gefühl dafür, was das genau bedeutet, aber es klingt auf jeden Fall beeindruckend!
Obwohl sie als gefürchtete Jäger gelten, sind Haie viel stärker vom Menschen bedroht als umgekehrt. Genau das wollte ich mit THALASSOPHOBIA zeigen – die Diskrepanz zwischen der menschlichen Wahrnehmung und der realen Bedrohung, der Haie ausgesetzt sind. Weltweit gibt es weniger als 100 Haiangriffe pro Jahr, während Millionen Haie jährlich von uns getötet werden.
Die Wahl des Titels
Der Titel THALASSOPHOBIA – die Angst vor der Tiefe des Meeres – passt perfekt zu dem, was ich mit dem Bild darstellen wollte. Diese tiefe, dunkle Ungewissheit, das Unbekannte, das aus der Tiefe auftauchen könnte, ist es, was viele von uns so sehr an Haien fürchten. Ich wollte dieses Gefühl der Ehrfurcht vor dem offenen Meer darstellen und gleichzeitig den Betrachter dazu einladen, sich zu fragen, warum wir Haie oft als Monster sehen. Vielleicht, weil sie uns an unsere eigene Verletzlichkeit erinnern? Oder sind sie ein Symbol für die Angst vor dem Unbekannten?
Das Gefühl von THALASSOPHOBIA
Mit THALASSOPHOBIA wollte ich die majestätische, aber auch gefährliche Seite des Hais zeigen. Die weißen, skizzenhaften Linien, die seine Konturen und die Bewegung des Wassers darstellen, sollen eine Dynamik erzeugen, die den Hai fast lebendig erscheinen lässt. Er soll wachsam, fokussiert und bereit zum Angriff wirken, aber gleichzeitig ruhig in seiner natürlichen Umgebung, in der er perfekt angepasst ist. Das tiefe Blau des Hintergrunds soll das Gefühl von Weite und Tiefe vermitteln – und ja, vielleicht auch etwas von der Bedrohung, die viele von uns im offenen Meer empfinden.
Persönliches Fazit
Für mich ist THALASSOPHOBIA nicht nur ein weiteres Werk meiner WILD SKETCHES Serie, sondern auch eine Gelegenheit, unsere Sicht auf Haie zu hinterfragen. Sie sind weit mehr als nur „gefährliche Raubtiere“ – sie sind faszinierende Lebewesen, die ihren Platz im Ökosystem haben und dessen Balance aufrechterhalten. Vielleicht schaut der eine oder andere nach diesem Bild anders auf diese Tiere, vielleicht wird aber auch die Angst bestätigt – und beides ist völlig in Ordnung. Es geht mir nicht darum, eine eindeutige Botschaft zu senden, sondern dazu anzuregen, das Offensichtliche zu hinterfragen, einen zweiten Blick zu riskieren und darüber nachzudenken, was uns wirklich Angst macht.
Ach ja, als mein Bruder das fertige Bild sah, meinte er: "Das ist genau der Grund, warum ich niemals im offenen Meer schwimmen würde." Es freut mich irgendwie, dass ich genau diese emotionale Reaktion hervorrufen konnte. 😉
Vielen Dank, dass ihr mich auf meiner künstlerischen Reise begleitet!
Wenn ihr Fragen oder Anmerkungen zu THALASSOPHOBIA habt, freue ich mich über eure Kommentare oder Nachrichten.
Euer Martin Lingens
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