Wie aus einem nicht gewollten Auftrag ein feuriges Kunstwerk wurde
Manchmal verläuft der Weg zur Kunst ziemlich schräg. „BLAZING“ ist dafür ein Paradebeispiel. Eigentlich hätte es eine Auftragsarbeit sein sollen. Der Wunsch des Kunden: ein arabisches Pferd in meinem bekannten, dynamischen und wilden Skizzenstil, der aus meiner WILD SKETCHES Serie. Nun, das Pferd ist auf der Leinwand galoppiert, aber leider nicht zum Auftraggeber. Irgendwie hat er sich trotz Vereinbarungen und Absprachen am Ende doch nicht mehr gemeldet. Naja, Pech gehabt. Oder Glück für einen anderen Kunstliebhaber?
Der Auftrag hatte zwar Vorgaben bezüglich des Motivs, aber in der Umsetzung war ich frei. So habe ich schnell beschlossen, kein klassisches Pferdeporträt, keine Zügel, keine Dressurhaltung, keine steife Pose. Sondern die pure, wilde Freude eines Tieres, das völlig frei durch die Wüste galoppiert. Irgendwie romantisch diese pure Freiheit, Dynamik und Freude eines galoppierenden Araberpferdes einzufangen. Ich muss gestehen, als echter Aachener kommt man ja sowieso nicht drum herum, Pferde irgendwie gut zu finden. Spätestens beim jährlichen CHIO – einem der größten Pferdesportevents weltweit – packt einen das Pferdefieber dann doch irgendwann, ob man will oder nicht.
Zunächst habe ich den Hintergrund mit einem wirklich breiten Borstenpinsel und mehreren Schichten intensiver, roter Acrylfarbe vorbereitet. Beim genauen Hinsehen erkennt man diese strukturierte Oberfläche, die wie ich finde so perfekt zum Motiv passt. Rot ist für mich die Farbe von Hitze, Leidenschaft und Kraft. Also genau die Stimmung, die ich bei „BLAZING“ festhalten wollte.
Danach ging es an die Linienarbeit: Mit schwarzen Lackmarkern zeichnete ich erst vorsichtig die Konturen, um die Position und Bewegung des Tieres klar zu bestimmen. Anschließend habe ich mit etwas schnelleren, schwungvollen und bewusst skizzenhaften Strichen die Muskulatur, Dynamik und Eleganz des Pferdes hervorgehoben. Am Ende setzte ich dann noch mit Weiß ein paar Highlights um dem Tier genug Tiefe zu geben. Wie bei meiner WILD SKETCHES Serie üblich, entstand auch hier die Grundlage in Form von ein paar ersten Skizzen aus zahlreichen Fotos aus dem Internet, ergänzt um meine persönlichen Beobachtungen auf Veranstaltungen wie dem CHIO.
Zugegeben, Pferde gehören nicht zu meinen typischen Motiven. Seit der WILD SKETCHES Serie beschäftige ich mich ja mehr mit Tieren, die eher negativ wahrgenommen werden wie zum Beispiel gruselig, gefährlich, unangenehm oder zumindest skurril. Aber dieses Araberpferd hat trotzdem seinen Platz verdient: Schließlich sind Pferde ursprünglich wilde Tiere, die domestiziert wurden, um uns Menschen früher als starke Helfer zur Seite zu stehen und dabei hat sicher der ein oder andere vergessen was diese Tiere ausmacht und was sie können wenn sie heute meist nur noch als Sport- oder Statusobjekte gesehen werden.
Aber ganz ehrlich – wer mag es nicht, ein Pferd voller Freude und Freiheit in Bewegung zu sehen?
Der Titel „BLAZING“ ist übrigens nicht zufällig gewählt: Er vereint die heiße Wüste, einen feurigen Sonnenuntergang, das temperamentvolle Tier und seinen wilden, freien Galopp. Diese Mischung aus wilder Energie und Eleganz macht das Werk aus.
Hoffentlich findet „BLAZING“ jetzt einen Besitzer, der diese spontane, ungeplante Schönheit genauso zu schätzen weiß wie ich. Ein kleines bisschen Schadenfreude gegenüber dem ursprünglichen Auftraggeber lässt sich da natürlich nicht ganz vermeiden. Aber so spielt das Leben manchmal: Was der eine nicht möchte, ist für den anderen vielleicht genau das richtige Kunstwerk!
Euer
Martin Lingens
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